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Rundgänge in Aussersihl und Hard, dem Zürcher Stadtkreis 4

Tellstrasse 4
Helmar Lerski (1871-1956)
Israel Schmuklerski und seine 1876 aus Polen eingewanderten jüdischen Eltern und Geschwister wohnen an der Tellstrasse 4, die acht Kinder gehen im nahen Kanzleischulhaus zur Schule.
1893 verreist Schmuklerski in die USA, wo er ab 1899 als Schauspieler auf der Bühne steht und sich erstmals «Helmar Lerski» nennt. Erst mit 38 Jahren beginnt er zu fotografieren und wird mit seinen Porträtbildern schnell bekannt. Lerski experimentiert, er sucht zusätzliche Lichtquellen und kommt dabei auf die Idee, die Gesichter mit Hilfe von Spiegeln zu beleuchten.
Ab 1915 arbeitet Lerski in Deutschland als Kameramann mit Berühmtheiten der Stummfilmzeit. Mitte der 1920er-Jahre greift er wieder zur Fotokamera und hat mit seinen Porträts grossen Erfolg. Nach seiner Serie «Köpfe des Alltags» versucht er 1931 in Palästina mit der Serie «Visages Juifs» das «typisch Jüdische» zu zeigen.
Nach der Machtergreifung der Nazis in Deutschland bleibt Lerski in Palästina. Er fotografiert und macht dabei die Erkenntnis: Sein Versuch, den «Urtyp des Juden» fotografisch darzustellen, ist gescheitert. Die ganze Bildserie nennt er nun «Araber und Juden». Sie wird für ihn zum Ausdruck seiner Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben in Palästina.
1934 führt er im Auftrag der «World Zionist Organisation» (WZO) Regie im Film «Avodah». Dieser zeigt junge Einwanderer auf der Suche nach Wasser, um das Land fruchtbar zu machen. Die Presse zeigt sich vom Film begeistert; die WZO aber kritisiert, der Regisseur stelle das arabische Leben «viel zu schön» dar.
Um 1936 macht Lerski auf seiner Dachterrasse in Tel Aviv über 170 Aufnahmen eines einzigen Gesichts und nennt die Bildserie «Verwandlung durch Licht». Diese wird nach seinem Tod überall auf der Welt ausgestellt und schreibt Fotogeschichte.
Während des Zweiten Weltkriegs lebt Helmar Lerski in Palästina, doch bei Ausbruch des Bürgerkriegs entscheidet er sich, nach Zürich zurückzukehren und verlässt das Land 1948, kurz vor der Gründung des Staates Israel.
Adresse
Tellstrasse 4
Erreichbarkeit
Bus 31, Kanonengasse
Literatur
- Helmar Lerski, Lichtbildner, Fotografien und Filme, 1910 - 1947; Museum Folkwang, Essen, 19. Dezember 1982 - 25. Januar 1983
- Helmar Lerski: Metamorphosen des Gesichts, Florian Ebner, Steidl Verlag, Göttingen 2002
Historische Bilder
6 Lichtbilder aus Helmar Lerski’s Serie «Araber und Juden», 1931 bis 1936